Die Arbeitswelt ändert sich, und wir passen uns an – oder ist es genau anders herum und es sind unsere Bedürfnisse als Konsument, die die Arbeitswelt verändern? Das ist wieder so eine dieser «Huhn oder Ei» Fragen.
Da wir davon ausgehen können, dass sich nur Produkte mit einer gewissen Nachfrage auf dem Markt etablieren, sind wir als Konsumenten für den steten Wandel der Welt verantwortlich. Wir streben nach mehr – mehr Geld, Mobilität, Vergnügen, Gesundheit, Ansehen, Freiheit, Macht. Und darauf reagieren Firmen und kreieren Produkte, die uns dieses Streben und die damit zusammenhängende Befriedigung ermöglichen. Wer kann sich heute noch ein Leben ohne Smartphone vorstellen? Ein Leben ohne Auto geht eventuell noch, aber stellen Sie sich eines ohne öffentliche Verkehrsmittel vor…
Nun, was hat das mit Lernen zu tun?
Genauso, wie sich die Arbeitswelt verändert, muss sich die Lernform den Bedürfnissen der Menschen anpassen. Im Kindergarten, welcher die Aufgabe der Sozialisierung und Vorbereitung auf die Schule hat, ist der Präsenzunterricht im Klassenverband die richtige Methode. In den ersten sechs Jahren der Grundschule wird nebst den schulischen Grundlagen wie Sprache, Rechnen, Mensch und Umwelt vor allem die gesellschaftliche Integration geübt und trainiert.
Und was kommt danach? In der Oberstufe erlernen und üben wir mit der gleichen Methode erweiterte Grundkompetenzen und Fähigkeiten, welche oft keinen Klassenverband nötig hätten – oder wo dieser gar störend ist. Um beispielsweise Infinitesimalrechnen zu erlernen brauche ich gute Lernunterlagen und Übungen. Periodischen Austausch mit Peers und Coaches fördern mich zusätzlich und lassen mich mein eigenes Lerntempo angehen.
Wenn wir dann «maturi» sind, ändert sich normalerweise einiges. Die Klassenverbände werden zum «Vorlesungsmarathon» und viele Studierende fragen sich, wie sie davon profitieren sollen. Sicher, sie sehen ihre Kommilitoninnen und können sich im Flirten üben (auch eine wichtige, zu erlernende und erfahrende Fähigkeit). Aber immerhin haben sie genügend Zeit zum Studieren und falls nötig für einen Nebenjob.
Wie sieht das in der beruflichen Weiterbildung aus?
In der beruflichen Weiterbildung kommt erschwerend dazu, dass alle Studierenden nebst dem Studium eine erhebliche Arbeitsbelastung eingehen. Typischerweise stehen sie mit Pensen zwischen 75-90% voll im Arbeitsleben. Gleichzeitig wird aber auch eine hohe berufliche Flexibilität gefordert. Und genau hier setzt die WISS mit dem Konzept Lernen 4.0 an.
Der Einsatz von Selbstlernsequenzen
Der Präsenzunterricht wird mit Selbstlernsequenzen ergänzt und von Coaches begleitet. Die Studierenden erarbeiten die Lernpfade selbständig und tauschen sich untereinander und mit dem Coach via Chat-Möglichkeiten aus. Die Lernpfade sind mit Leistungstests versehen, welche den Lernfortschritt messen und dokumentieren. Sind die Voraussetzungen erreicht, kann die nächste Lernsequenz in Angriff genommen werden.
Das Schulzimmer der Zukunft
Die WISS arbeitet auch an einem multifunktionalen Schulzimmer der Zukunft. In diesem Unterrichtsraum versammelt sich die Klasse zum Präsenzunterricht. Studierende, welche zum Zeitpunkt des Präsenzunterrichts nicht vor Ort sein können, verbinden sich via Laptop zum Unterrichtsraum und nehmen virtuell an der Präsenzveranstaltung teil. Während des Unterrichts wird der Dozierende via Kamera an die virtuell Teilnehmenden übertragen. Diese wiederum werden durch die Kamera des Laptops aufgenommen und im Unterrichtsraum auf einem Bildschirm angezeigt, so dass die Klassenteilnehmenden direkt mit ihnen in Kontakt treten können.
Unsere Chancen erkennen
So können auch Studierenden am Unterricht teilnehmen, die gerade auf Geschäftsreise sind oder den Arbeitsplatz aus anderen Gründen nicht verlassen können. Gerade in der ICT-Welt kommen solche Situationen oft vor. Sei es weil ein Second Level Supporter für langwierige Test den Arbeitsplatz nicht verlassen kann da er periodisch Überwachungsfunktionen ausführen muss oder weil ein System Engineer über längere Zeit beim Kunden im Ausland tagsüber Einsätze hat und dadurch einen physischen Schulbesuch ausgeschlossen ist. Mit dieser neuen Möglichkeit sind diese Studierenden nicht mehr vom Unterricht ausgeschlossen.
Ich bin gespannt, welche Erfahrungen unsere Studierenden machen und wie sich der Unterricht verändert.